
Überhaupt die politische Lage: Dass nicht genug Michendorferinnen und Michendorfer kommen würden, sahen wir nicht als Problem an. Es gab dann leider auch deutlich mehr Anmeldungen als Platz war, so dass das Wahlkreisbüro Absagen versandt werden mussten. Ebenso waren wir nicht besorgt, dass niemand fragt oder Kritik übt. Dafür gibt es schon allein innerhalb der SPD genug kontroverse Themen und Diskussionen zur Weltlage, die es nicht langweilig werden lassen würden. Eher besorgt waren wir: Was machen wir, wenn er kurzfristig absagt? Wie verfahren wir, wenn er aufgrund aktueller Entwicklungen wieder schnell weg muss? „Nah dran“ war die Lösung.


Marianne und Detlef Baer hatten die Lösung. Wir rahmen das Bürgergespräch mit Livemusik. Sie kannten die beiden Musiker, die Band „Nah dran“. Livemusik, so war die Überlegung, ist auf jeden Fall gut, da die Themen, die besprochen werden würden nicht gerade zur Erheiterung beitragen. Ich glaube, es war eine sehr gute Lösung und das Bürgergespräch hat dadurch gewonnen.


Ich kenne Olaf Scholz schon etwas länger. Ich vertraue ihm. Besonders gut gefällt mir, dass er nicht derjenige ist, der laut und schnell einfache Lösungen ankündigt. Man merkt ihm an, dass er sorgfältig überlegt und formuliert, bevor er antwortet. Ich ärgere mich auch darüber, dass in der Bundesregierung mancher Kompromiss geschlossen wird, der mir nicht richtig einleuchtet. Da gibt es einen Koalitionspartner, der sich früher eher als Friedenspartei verstand und strikt gegen Waffenlieferungen war. Wehrdienstverweigerung war dort quasi eine Standardhaltung. Und jetzt plötzlich werden sie zu Spezialisten für schwere Waffen und fordern öffentlich gemeinsam mit einer Vertreterin des anderen Koalitionspartners, die Lieferungen schwerer Waffen auszuweiten, ohne das absehbar ist, wie der Krieg und das Töten damit beendet werden könnte. Dann ist da der andere Koalitionspartner, der die Gratismentalität in Deutschland nicht befördern will – Stichwort 9-Euro-Ticket – und für den die Freiheit auf den Autobahnen mehr Bedeutung hat, als die Energieknappheit, der Klimawandel und die sozialen Verwerfungen in Deutschland, die jetzt vertieft werden, wenn das tägliche Leben auch für Menschen der Mittelschicht drastisch teurer wird. Studierende, aber auch Rentnerinnen und Rentner drohen dabei ganz aus dem Auge zu geraten? Dass es der Bundeskanzler angesichts dieser unterschiedlichen Auffassungen nicht leicht hat, öffentlich schwierige Fragen so zu beantworten, ist nur zu verständlich; schließlich ist er der Regierungschef. Er muss den Laden zusammenhalten. Wegen Michendorf soll es in Berlin nicht zur Regierungskrise kommen.
Aber es ist gelungen. Der direkt gewählte Abgeordnete im Bundestag für Michendorf hat als Bundeskanzler seine Bodenhaftung behalten. Nun sage ich dies zwar als SPD-Ortsvereinsvorsitzender und manch einer wird sagen, „er kann nicht anders“. Aber die Michendorferinnen und Michendorfer, die am 10. August in Langerwisch mit dabei waren, werden mir zustimmen können, selbst wenn sie inhaltlich mit dem, was an Kompromissen in Berlin geschlossen wird, nicht zufrieden sind. Olaf stand noch für gemeinsame Fotos zur Verfügung (dies ist immer eine echte Herausforderung für die Sicherheitskräfte). Auch gab es noch Nachgespräche in kleiner Runde mit ihm und ein Bier. Der Bundeskanzler war nicht in Eile.

Otto Käthe, Ortsvorsteher von Langerwisch, übergab zwei Bücher über den Ortsteil, auch falls Olaf Fragen zum schönen Langerwisch und seine Geschichte hat. Zugleich lud er den Bundeskanzler erneut nach Langerwisch ein, um damit eine gute alte Tradition zu beginnen – oder eigentlich schon fortzusetzen. Nicht unerwähnt blieb, dass das Ganze quasi auf einem Kita-Gelände stattfand.